Mein Schiff " Pacific Link"

Montag, 2. Juli 2012

Angekommen


Vor 4 Tagen bin ich von Rotterdam her am Ende meiner Reise, zu Hause, angekommen: gesund und munter. Ich blicke auf drei Monate Freiheit und Abenteuer zurück. Wer immer nach Osten fährt, der kommt wieder an den Ausgangspunkt; nicht zurück, aber von der anderen Seite her. Einen Tag gibt es dabei zweimal. Ich habe es selber erlebt.

Ich habe viel für mich Unbekanntes und Neues gesehen und erfahren. Ich habe in anderen Kulturen gelebt. Ich habe fremde Leute getroffen. Ich liebe das.

Ich habe einen Stoss Landkarten mit Notizen, ein Couvert voller Zeddeli, ein paar Münzen und zerknitterte Noten, drei voll geschrieben Tagebücher, viele Fotos und den Kopf voller Erinnerungen. Und ich habe ein gutes Gefühl.

Liebe Grüsse
Hansjörg 
In unserem Garten

Freitag, 29. Juni 2012

Mein inneres Gleichgewicht

Nicht nur das Schaukeln des Schiffes kann mein inneres Gleichgewicht stören. Was tun, wenn alles schief läuft und mir über den Kopf wächst? 
Zuerst einmal Distanz gewinnen.
Wie?
Mit Monochord.mp3

Die Entspannungs-CD von Luisemarie und Aita bringt mich zur Ruhe und schafft den nötigen Abstand zu meinen Problemen. Später finde ich dann bestimmt eine Lösung.
Ob der Regensturm in der Nacht so an meinem Zelt rüttelte, dass die Bären hinter den Redwoods Schutz suchten, oder ob auf dem Schiff ein Container mir das einzige Fenster meiner Kabine versperrte, es half immer.
Ich habe mir angewöhnt, die CD am Morgen vor dem Aufstehen anzuhören. Der Tag beginnt dann wunderbar.

Die CD ist bei Luisemarie oder bei mir erhältlich.


Donnerstag, 28. Juni 2012

Graue Aussichten?

Meine Taktik ist nicht aufgegangen. Ich habe auf dem Schiff Hyundai Tianjin die Einerkabine, die „Super Cargo“, gebucht. Es könnte ja sein, dass sie mir als dem einzigen Passagier wieder zum gleichen Preis die schönste Kabine geben würden wie auf der Pacific Link. Oder sonst könnte ich gegen Bezahlung in eine bessere wechseln, wenn ich  mit der Super Cargo nicht zufrieden wäre.

Gratis erhielt ich nichts, und zufrieden war ich auch nicht. Vor dem einzigen Fenster steht ein grauen Container. Ich muss das Licht anmachen wenn ich lesen will. Und der Ventilatorenraum gegenüber ist recht laut. Ich konnte auch nicht wechseln, ab New York sind alle Kabinen gebucht. Was tun?


Die Passagiere: Ute, Ruth, Johannes, Marco
Nachts schlafe ich, und wenn ich mal aufwache höre ich die Maschinen 2 Minuten lang, damit kann ich leben. Ich schreibe jetzt an der Bar im Officers Recreation Room, da ist es gemütlich. Draussen an der frischen Luft treffe ich meistens Marco. Und seit wir 5 Passagiere sind, dauern die Essen und die Kaffeepausen viel länger als früher. Wenn ich noch zur Sauna gehe und Wäsche wasche bleibt mir keine Zeit mehr in meinem Zimmer.

Die philippinischen Matrosen

Ich „gehöre“ nicht mehr zur Crew wie auf dem letzten Schiff. Das ist ok, es herrscht auch keine gute Stimmung unter den Offizieren. Wir Passagiere sind eine zufriedene Gesellschaft. Die Bücher aus der Bibliothek habe ich wieder zurück gelegt, es ist schade um die Zeit, hier Krimis zu lesen. Es gefällt mir hier an Bord. Gute Aussichten!

meine Kabine ist gar nicht so übel

Mittwoch, 20. Juni 2012

Das Weisheitsbuch

Es gehört auch zur Schiffsreise. Jeden Tag lese ich darin eine Geschichte. Denn schreibe sie ab und mache mir meine Gedanken dazu. Die Geschichten handeln von Suchenden, von Reisenden durch die Welt und durchs Leben, vom Erfahren.

Mir öffnet die Geschichte jeden Morgen ein Wenig die Augen. Im Vorwort steht, dass man in allen Geschichten nur sich selber suchen soll. Man darf sie nicht auf andere beziehen, obwohl die Versuchung dazu sehr gross ist.

Ein Ausschnitt aus der heutigen Geschichte:

Der Forscher

Der Forschungsreisende war zu seinem Volk zurück gekehrt und jeder war begierig, alles ganz genau über den Amazonas zu erfahren.
Aber wie konnte er das Gefühl in Worte fassen, das sein Herz erfüllte, als er Blumen von atemberaubender Schönheit sah und die Geräusche im nächtlichen Wald vernahm? Wie sollte er ihnen vermitteln, wie sich sein Herz zusammen zog, wenn er die gefährliche Nähe wilder Tiere spürte oder sein Kanu über riskante Strecken des Flusses steuerte?
Er sagte: “Geht hin, und sucht es selbst heraus zu finden. Persönliches Risiko und Erfahrung sind nicht zu ersetzen.“ Um ihnen jedoch einige Anhaltspunkte zu geben, zeichnete er eine Karte des Amazonas......


Das Buch ist vor 20 Jahren über interessante Umwege zu mir gekommen:

Anthony de Mello: 
Warum der Vogel singt. Weisheitsgeschichten.
Herder


Amazonasbecken Maasvlakte, Rotterdam


Montag, 18. Juni 2012

New York am Montag, 18. Juni 2012


Ja, ich bin da gewesen! Nachts um 3 Uhr stand ich auf dem Balkon, als wir unter der Verazano Narrows Brücke durch nach New York hinein fuhren. Vorbei an Pärken, Fabriken, Hafenalagen, knapp unter einer Bogenbrücke durch, und dann an ein Containerpier bei Newark.

Am nächsten Morgen kann ich in der Ferne die Hochhäuser von Manhatten erkennen: das neue World Trade Center mit seinen Baukranen, das Empire State Building und um jedes je eine Menge Wolkenkratzer. Alles hinter einer flachen Insel, etwa 10 km entfernt. 

Skyline von Manhatten

Neben dem Hafen ist der Newark International Airport, wo ich vor einem Jahr angekommen bin. An die Containerkräne habe ich mich schon gewöhnt, aber der Containertransport ist hier etwas anders organisiert. Ich darf hier nicht von Bord gehen. Mit der Zeit kommen  die vier neuen Passagiere an.

Im Hafen von Newark
Vor Mitternacht laufen wir wieder aus. Ich sehe jetzt das andere Ufer der Kanäle und der Becken. Im letzten Moment entdecke ich auch noch die Freiheitsstatue. Unterdessen hat sich das WTC vor das Empire State geschoben. Unter der Verazano Narrows Brücke fahren wir wieder aufs Meer hinaus. 

Verrazano Narrows Brücke

Das iwar New York, vom Containerfrachter aus erlebt.


Donnerstag, 14. Juni 2012

Zwei Sorten Technik

14. Juni 2012

Ich war gestern auf dem Flugzeugträger "Yorktown". Zuerst habe ich in der Kantine ein Menue von 1943 gegessen, aus einem gebrauchten und verbeulten Blechgeschirr, aber gut und nahrhaft. Die „Yorktown“ ist ein Jahr jünger als ich, und sie war im 2. Weltkrieg, in Vietnam und im kalten Krieg im Einsatz. Sie hat Gefährlicheres erlebt als ich.

Fasziniert haben mich die vielen Flugzeuge im Hangar und auf dem Flugdeck: heute Schrott, aber immer noch interessant anzuschauen. Als ich dann im Cockpit eines der Kampfflugzeuge sass, kam mir schon der Schweiss, als ich nur daran dachte, dass ich damit mein Leben riskieren müsste. 

 

Genau so ging es mir auch, als ich in der Nachbildung eines kleinen Dschungel - Stützpunktes in Vietnam war. Ich bin dankbar dafür, dass ich meinen Dienst in der Schweizer Gummibootmarine leisten durfte. Ich nahm mir wieder einmal vor, nie mehr über meinen Militärdienst zu klagen.

Heute bin ich über die 4.5 km lange Arthur Ravenel Brücke von Mount Plaisant nach Charleston gegangen.  Vor ein paar Jahren, noch während dem Bau, haben die Einwohner es durchgesetzt, dass neben all den Autofahrspuren auch ein Fussgänger- und Velostreifen erstellt wird. Hier in Mount Plaisant leben Leute, von denen wir noch viel lernen könnten. Auch beim Einkaufen und beim Gesundheitsverhalten.

Ich war der einzige Fussgänger, aber sehr viele sind gejoggt oder fuhren ein Rennvelo. Ich war auch der einzige mit Fotoapparat. Touristen kennen das Trottoir nicht. Als alter Brückenbauer war ich total fasziniert. Unter mir durch fuhr ein Containerschiff in den Hafen ein.

Seit einiger Zeit sehe ich mir bewusst die Schönen der AmerikanerInnen an. Das macht Spass.




Mittwoch, 13. Juni 2012

Abschluss USA

Georgetown, South Carolina, 12. Juni 2012, 
Meine Lieben,



Ich bin am Packen. Ich finde es wieder schön hier im kolonialen Süden. Wenn ich nicht gerade im Regen Auto fahren muss, ist es sogar gemütlich. Es eilt nichts mehr, ich habe alles gesehen was man muss, ich kann nichts mehr verpassen.

Ich habe heute in meinem schönen Zimmer aussortiert, was nicht mit aufs Schiff kommt: Ein paar Schachteln, alte Vorräte, 1000 Zedeli, Landkarten, Prospekte, mein luftgetrockneter USA – Führer und ein paar andere Sachen. Die Luftmatratze, das Zelt und den Kocher konnte ich im Reisegepäck unterbringen. Kein Wunder, ich bin ja nur mit dem Rucksack weggefahren und habe dann in China eine Mammuttasche (Samsonite) gekauft. So muss ja für alles Platz sein. Das Probepacken hat jedenfalls geklappt.

Morgen werde ich die letzten 100 km von hier nach Charleston fahren. Ein Motel an der Einfahrt habe ich reserviert. Gleich daneben ist  ein Informationszentrum. Und in der Nähe ist das Marinemuseum mit einem Flugzeugträger und einem Zerstörer. Da will ich am Vormittag noch hin gehen oder fahren. Essen kann ich dann auf einem Schiff. Von dort gibt es auch eine Fähre nach downtown.

Uebermorgen (14.6.) werde ich am Flughafen mein Auto abgeben und mit dem Bus zur Stadt zurück fahren. Bis dann weiss ich auch, was ich als Fussgänger noch unternehmen kann. Es soll ziemlich viel los sein in der Stadt.

Voraussichtlich am Nachmittag des 15.6. lasse ich mich zur Hyunday Tjanjin fahren, die in der folgenden Nacht nach NY ablegen wird.

Ruhige Zeiten stehen mir bevor.  Und jetzt freue ich mich auf das Salatbuffet der Pizza Hut.

See you

Hansjörg



Dienstag, 12. Juni 2012

Die falsche Fähr(t)e

Ich bin auf dem Weg nach Charleston, wo in der Nacht zum 16. Juni mein Schiff, die "Hyundai Tjanjin", abfahren wird. Ich fahre jetzt möglichst auf Nebenstrassen, so kann ich die wunderbaren Landschaften der Südstaaten geniessen. 

Beim Znüni in Washington (South Carolina) habe ich die Strecke nach Jacksonville (240 km) geplant, ganz hinten herum, inklusive einer etwa 2 km lange Schiffstrecke. Ich schreibe mir die Strassennummern jeweils auf eine Papierserviette und klemme diese am Armaturenbrett fest. Diesmal war es einfach, schon bald gab es blaue Wegweiser mit "Ferry".

Beim Dörfchen mit dem schönen Namen Aurora wurde es technisch: Riesige künstliche Berge und Seen, ein gigantischer Schaufelradbagger, Eisenbahnlinien, Chemiewerke. Zum Fotografieren gab es wenig. Wo man etwas sah durfte man nicht anhalten, und umgekehrt. Immerhin stand „Aurora Potash Corp.“ auf einer Tafel. 

Ein alter Baggerkübel (rechts ein Auto)


Unterdessen habe ich nachgeschaut: Die grösste Phosphat Anlage der Welt, wo gleichzeitig abgebaut und verarbeitet wird.

Dann musste ich auf die Fähre wartete. Aus langer Weile schaute ich die Landkarte an. Die richtige Fähre war 60 km in der anderen Richtung! Aber ich habe die Aurora Potash Corp. gesehen! Und zweimal am Atlantik geschnuppert.

Die richtige Fähre

Freitag, 8. Juni 2012

Three lonely men – Drei einsame Männer



Heute fuhr ich ein Stück auf dem „Blue Ridge Parkway“. In der grossen Depression der dreissiger Jahre haben Tausende von jungen Arbeitslosen in Staatsprogrammen diese 700 Kilometer lange Aussichts - Strasse auf den Hügelzügen der Appalachen erbaut.

Heute war da fast niemand unterwegs, im Gegensatz zum Gedränge gestern im Great Smoky National Park. Sonne und dichter Nebel haben sich abgewechselt im ständigen Auf uns Ab zwischen 800 und 1800 m Höhe. 
 
1. An einem Aussichtspunkt kam mir ein junger Mann mit Stock und Rucksack entgegen. Er marschiert von Roanoke nach Cherokee, 500 km auf der Teerstrasse. Er zeltet wild im Wald. Für ein Gespräch ist er nicht zu haben. Er wird wohl zu oft angequatscht.

2. Im kleinen Nest „Little Switzerland“ schreibe ich Postkarten und esse ein Sandwich. Ein junger Mann mit einer gelben BMW-Motorrad hält an. Er ist Holländer und seit April mit Motorrad und Zelt unterwegs. Er hat 3 Jahre in Kanada in einem Alpinresort gearbeitet. Vorher war er in Peking. Er sieht aus wie ein Profi-Snowboarder. Ist er aber nicht, dafür Eisschnellläufer. Er zeltet immer wild. Das ist billiger.

3. Ich komme mir auch einsam vor. Ich habe zwar auf einem National Forest Zeltplatz übernachtet, aber es war auch praktisch niemand da. 


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Das gibt vielleicht auch noch mal einen Blog:

 

Montag, 4. Juni 2012

Heute durch Arkansas gefahren

Uebernachtet habe ich gestern in Sallisaw, Oklahoma, weil etwa dort meine Strassenkarte aufgehört hat. Und jetzt bin ich in Lakefield, Tennessee.

Dazwischen liegt Arkansas. Ich habe nachgeschaut: dreimal so gross wie die Schweiz, knapp 3 Mio. Einwohner, auf der Interstate I-40 458 km breit.

Ich war das erste Mal in Arkansas. Zum Morgenessen war ich in Russelville, in einem „Cracker Barrel Old Country Store“. Ich habe diese originelle Kette vorgestern zufällig kennen gelernt, sie ist entfernt verwandt mit der Waldegg. Ein originelles, schönes, gutes und ziemlich preiswertes Restaurant. Mein Frühstück bestand aus Joghurt, Früchten, Körnlein und einem grossen Heidelbeerküchlein, dazu Kaffee à discretion. Ich hab die Quittung noch, verrate aber nicht, wie viel es gekostet hat.

Ich kehre etwa alle anderthalb Stunden ein. Nach ein paar Distanz - Reisetagen empfinde ich das Autofahren als eine ziemlich harte Arbeit. Selbstbestimmt um die Welt zu reisen ist nicht nur reines Vergnügen.

Die erste Hälfte Arkansas, etwa bis Little Rock, bestand für mich aus Büschen und trockenem Gras an den Strassenrändern. Das Einkehren am Mittag war ein Flopp: Der Tankstellenladen war so schlimm wie das WC, aber ich brauchte den Kaffee. Die 2. Hälfte von Arkansas war eher flach, mit vielen Reisfeldern und feuchtwarmer Luft. Und dann kam schon West-Memphis, wo der Mississisippi die Grenze zu Tennessee bildet. (viele Doppelkonsonanten hier, nicht wahr?)

Ich habe Arkansas auf meiner Reise einfach ausgelassen. Ich hätte ein andres Programm machen können: mit Highlights, mit Begegnungen, mit Herz. Es liegt nicht an Arkansas. Es liegt einfach nicht alles drin.

Cracker Barrel Old Country Store, Russellville Arkansas

Freitag, 1. Juni 2012

Amerikaner mit anderen Erfahrungen

  1. Heute Morgen erkundige ich mich am Motelschalter wegen Frühstück und wegen Kartonschachteln. Der Mann trägt eine Mütze mit der Aufschrift „Vietnam War Veteran“. Ich spreche ihn darauf an. Er war 4 Jahre Pfleger auf einem einem Lazarettschiff der Marines. Da habe er sicher Schlimmes gesehen? Ja, aber er spreche nicht gerne darüber. Ob er mit der Rede von Obama zu den Vietnamveteranen am Memorial Day zufrieden gewesen sei? Er halte nicht viel von Obama, und so habe er auch nicht zugehört.
  2. Ich suche im Walmart eine kleine Benzinflasche für meinen Kocher. Ob ich Deutsch spreche, fragt mich der Verkäufer. Er sei mit der Army in Deutschland gewesen, im Kalten Krieg, bei den Cruise Missiles. Sie hätten da bloss den Russen Angst machen müssen. Jetzt wolle Amerika die ganze Welt zur Demokratie zwingen. Damit helfen sie niemandem, sie sollten es im eigenen Land besser machen.
  3. Eine Schulreise hat Frühstück im Mc Donald. Ich komme mit einem Lehrer ins Gespräch. Er war drei Jahre auf einem Flugzeugträger in Vietnam, auf dem Büro. Vorher war er ein Jahr lang auf einem Atom-Uboot.
  4. Ich fotografiere die Indianerstatue vor einem Casino. Mit auf das Bild kommt ein Gärtner mit Traktor. Er ist Apache, und er spricht noch ihre Sprache. Die Jungen können nur noch Englisch. Wenn ich etwas über seine alte Kultur erfahren möchte, soll ich das Museum seiner Siedlung besuchen.


Donnerstag, 31. Mai 2012

Planen?


Brecht schrieb:
Mach nur einen Plan, und sei ein grosses Licht
Und mach dann einen zweiten Plan. Gehn tun sie beide nicht!

Wie viel muss ich planen? Bis jetzt war meisten das Ungeplante das Beste. Mir bleiben noch 16 Tage bis Charleston. Ohne grosse Anstrengungen brauche ich dafür 6-10 Reisetage. Also bleiben mir noch 6 faule Tage. Oder ein Mix, oder Umwege. Ich kenne nun das Mass meiner Freiheit.
 

Auf dem Pioneer Pass (1785m) in Arizona will ich zum ersten Mal Zelten. Alles neu gekaufte funktioniert, ausser dem Benzinkocher. Das Herausschläucheln aus dem Auto geht nicht, sie ein Sieb eingebaut.



Vorgesten ist im Kofferraum eine grosse Wasserflasche ausgelaufen. Der Schaden ist unterdessen behoben, bloss der neue Reiseführer trocknet noch an der Wäscheleine.

Morgen werde ich ein Stück meiner Velotour von 1999 nochmals fahren, Nostalgie gehört auch zum Leben. Und mein Führer hat so noch Zeit zum Trocknen. 

(Unterdessen bin ich schon über die grosse Wasserscheide gefahren!)


Dienstag, 29. Mai 2012

Pfingstmontag / Memorial Day 2012

Heute war ein atemberaubender Fahrtag! Von Flagstaff über Sedona und Phoenix nach Globe. Ziemlich überall hätte man aussteigen müsse: rote Felsentürme und -türmchen, in den hohen Lagen Wald, in den tiefen Wüste mit Orgelpfeifenkakteen, und dazwischen auf und ab die Autobahn mit den schwer beladenen Heimkehrern vom verlängerten Weekend. Es war einfach gewaltig, immer haute es noch einen drauf!

Vor 13 Jahren war ich mit dem Velo hier in Globe. Ich hatte vergessen, dass wir so über die Berge gefahren waren. Jetzt gehe ich dann ins alte Städtchen dieser Kupfer Town. Ich glaube nicht, dass sich hier viel verändert hat.

Gestern war ich in der Sternwarte und habe den Saturn mit seinem Ring live gesehen.

Hier auf 1800m soll es einen Naturzeltplatz geben. Morgen entscheide ich, ob ich einen Tag und eine Nacht lang dort oben im „6-shooter-canyon“ ausspannen werde, bei den Bären und den Wölfen. Das wäre der ideale Ort um den Himmel zu beobachten.



Route 66

Flagstaff ist der Ausgangspunkt zum Grand Canyon und liegt auf 2100 m Höhe Es hat auf 2400m ein Langlaufgebiet mit 50 km Loipen und vielen tracks für Snowmobile. Man kann da Hütten mieten, die jeweils mit dem Pistenfahrzeug in der Gegend verteilt werden.

Am höchsten Berg von Arizona (4100m) sind 4 Skilifte, die bis auf 3450 m hinauf gehen. Weil ich über eine Abschrankung gestiegen war, kam ich mit dem Sicherheitsmann ins Gespräch. Er ist im Winter Ski- und Snowboardlehrer, Rettungsmann, Pistenkontrolleur und Bullyfahrer. Jetzt ist überall Baustelle, liegen Rohre herum, stehen Baumaschinen. Eine Beschneiungsanlage ist im Bau, mit einem See auf 3500m. Ich frage, wo sie denn das Wasser her nehmen, im Sommer regnet es ja kaum.

Recycling. Der Ablauf der Kläranlage von Flagstaff wird über 20 km weit da hinauf gepumpt. Der alte Brunz ist der neue Schnee.




Sonntag, 27. Mai 2012

Amerikanische Verhältnisse

Flagstaff, Sonntag, 27. Mai 2012

06.30Uhr, 2100m ü M, Sonnenschein und saukalt in meinem Motelzimmer. Als Naturschützer habe ich gestern zuerst die Klimaanlage abgestellt. Mir kommt die erste eiskalte Nacht auf unserer Velotour 2007 in den Sinn. Eigentlich wollte ich nochmals dort oben durch fahren. Aber als es dann zu schneien anfing, bin ich nach Süden geflohen. Beim schlimmsten Schneesturm war ich gerade an einem Ort, wo jeder Ausweg über 2400 m Pässe führte. Zum Glück schneite es nicht weiter, dafür fuhr ich dann durch Sandstürme. Jetzt kann ich darüber lachen.

Weil ich mit unbeschränktem Gepäck nach Hause fahren kann, kaufe ich nicht nach minimalem Gewicht ein. Ich besitze ein Viererzelt, (der Preisunterschied war so klein), eine Riesenluftmatratze mit elektrischer Pumpe und einen soliden Benzinkocher mit Schlauch zum Abfüllen aus dem Benzintank. Dazu zwei rechte Pfannen. Zelten werde ich später, an  wärmeren Orten.

Ich besitze zwei Riesentuben Zahnpasta und zwei Sonnencremen. Aber nur eine Riesenrasiercreme, weil es keine zweite gratis dazu gab. Der Führer für ganz USA war gleich teuer wie der für den Südwesten, aber dreimal so dick. Nur beim Essen passe ich auf. Ich nehme meistens die Seniorenausführung. Die ist zwar gleich gross, aber enthält weniger Fett und Zucke und ist billiger. Zudem lasse ich Mahlzeiten aus.

Am Montag ist hier Memorial Day, ein verlängertes Wochenende. Alles ist unterwegs, die Hotelpreise sind verdoppelt. Am Radio werden die Männer und Frauen geehrt, die ihr Leben für die Freiheit von Amerika geopfert haben. In der Buchhandlung gestern Abend war liegen Kriegs- und Heldenbücher auf. Ich wollte ein anderes Buch kaufen, ein sehr kritisches über das wahre System der Amerikanischen Politik. Aber dann habe ich mich doch geniert. Ich bin schliesslich hier Gast und geniessen auch alle Vorteile. Mir gefällt es ja in Amerika!

Freitag, 25. Mai 2012

Fernley Nevada 25.Mai

Vor zwei Tagen habe ich bei der Sea Ranch mein restliches chinesisches Geld in den stürmischen Pacific geworfen. Als Dank für an Meeresgötter, die mir 3 Wochen lang so gut gesinnt waren.
Am Abend war ich dann zum letzten Mal mit meinen guten Freunden von 2011 zusammen. Die vier Tage in California haben meiner Seele sooo gut getan.

Jetzt reise ich allein durch die Staaten. Gestern war die Gegend so abwechslungsreich, dass ich nicht dazu kam, mich einsam zu fühlen. Nach Reno suchte ich in der Wüste eine Unterkunft und bin in Fernley gelandet. Heute morgen war die Gegend frisch verschneit. Heute wäre ich kaum über den 2100m hohen Donnerpass gekommen.

Im Casino gegenüber ass ich ein Seniorenfrühstück. Das heisst nur so, fand ich dann heraus. Es ist gleich gross wir das reguläre, kostet aber die Hälfte. Sie tun etwas für ihre alten Gäste, die ihre Rente hier verspielen.

Zurück zum Winterwetter: Von Konfuzius habe ich gelernt, dass man sich selber und den anderen helfen muss. Ich bin gut ausgerüstet mit Proviant, Getränken, einem Kocher und einer Zeltausrüstung. Bei den Buddhisten ruft man die Götter zu Hilfe. Hier gilt wohl eher die Indianische Art. Aber wie macht man das? Bitte schickt mir eure Ratschläge! Herzlichen Dank.

Mittwoch, 23. Mai 2012

Am 21. Mai: Theo getroffen

Ich habe eine Stunde lang am falschen Ort auf ihn gewartet, er 15 Minuten am richtigen Ort. Wir haben uns immer so getroffen. Wir ergänzen uns gut. Theo zeigt mir, dass ich viel mehr unternehmen kann als ich meine.  Das hat mein Leben ziemlich erweitert. Ich zeige ihm, dass er noch viel Zeit hat für alle seine Projekte. Das hat seine Torschlusspanik gelindert. Wir verdanken einander viel. Wir sind gute Freunde geworden.

Den halben Berg hoch kann ich mit meinem gemieteten Chevi fahren. Für die Naturpiste steige ich auf seinen uralten Mercedes 300TDI um. Dieser fährt mit gebrauchtem Pommes Öl und das riecht angenehm.

Im vergangenen Jahr hat Theo am Nebenhaus ein schönes Bad / WC / Waschküche angebaut. Den grossen Pferdeschopf hat er verkleidet und oben ein Zimmer mit einem grossen Balkon (Meersicht) eingebaut. Alles allein, und noch einiges mehr. Tagsüber ist er Lehrer, abends ist er Bauer, Hausbauer, Automechaniker,Koch und Hausmann. Er hat hat er jetzt mehr zu tun, Patricia und Julia wohnen noch bei ihm .
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Nach der Arbeit im Pferdestall karrt er den Mist in den neuen Garten. Dort, verrät er mir, wird er bald ein intelligentes Erdhaus für seine alten Tage bauen. Die Bewilligung hat er schon fast. Gleichzeitig kann er alle seine bestehenden Bauten zu legalisieren. Die Behörde bewilligt da oben sonst nie etwas nachträglich. Aber seine selber erbaute Wasser-, Abwasser und Stromversorgung finden sie oekologisch total vorbildlich. Zudem kennt er als neues Mitglied der  Feuerwehr die Kommandantin gut, die für die Wasserreserven zuständig ist. Ich weiss, dass in ein paar Jahren ein perfektes Erdhaus da stehen wird. Theo macht keine Sprüche.

Die wenigen Stunden mit ihm zusammen 1000m über dem Pazifik waren wichtig und wunderbar für mich.

(In meinem letztjährigen Blog steht ein erster Text zu Theo)

Montag, 21. Mai 2012

Ballast

Chief Mate hat mir gestern auf der Brücke das mit der Ladung und den Ballast Tanks erklärt. Schwierig. Die paar tausend Container müssen nach vielen Kriterien gestapelt werden. Unter Deck passen nur die 20- und 40 Fuss langen. Alle Spezialgrössen gehören auf Deck. Kurze können nicht auf lange gestellt werden. Klimatisierte nur dort, wo es Stromanschlüsse gibt. Gefahrengut möglichst vorne. Schwere eher unten. Offene nur unter Deck. Das Gewicht gleichmässig übers Schiff verteilen, damit es gerade im Wasser liegt. Das Schiff darf aber auch nicht durch die Ladung verbogen oder verdreht werden. Und dann noch: Wir laufen 5 Häfen an. Dabei sollte nichts umgeschichtet werden. Also gut überlegen beim Beladen. Dazu: erst kurz vor dem Hafen steht jeweils fest, was neu dazu geladen wird. Neu rechnen, neu ausgleichen heisst es dann.
Weil die Motoren so viel saufen, werden Brennstofftanks leer und damit leicht, das Gleichgewicht verschiebt sich wieder. Auch dafür sind die vielen Seewasser-Ballasttanks da. Die müssen dann gefüllt, geleert oder umgepumpt werden.
Gestern hing Schiff etwas schräg. Zum einen hatten wir starken Seitenwind, und dann waren einige Ballasttanks wegen der regelmässigen Korrosions-Inspektion geleert worden. Heute wäre das Schiff theoretisch wieder im Lot, wenn es nicht wegen den Wellen ziemlich schaukeln würde. Speziell bei mir droben, auf 31m über Wasser.

Wir haben etwa 65'000 Tonnen Container geladen. Wir können 35'000 Tonnen Ballast laden (bei Leerfahrten) und dazu etwa 1'500 Tonnen Treibstoff. Da kommt es auf mein Gepäck nicht mehr drauf an.

Am Heck bei den Befestigungsseilen

Chief Mate, der Realist

Der Chief Mate (1. Offizier) ist eher ein Pessimist. Er hat mir die Schiffsbibliothek beschrieben. Lauter Verschwörungsromane, Kriminalgeschichten, dummes Zeug. Der Lieferant habe gute Beziehungen, aber gar keinen Geschmack. Das selbe gelte für die Bilder an den Wänden.
So habe ich die Bücher durchgesehen. Auch nicht mein Geschmack. Zwei „gute“habe ich gefunden. Eines davon habe ich schon gelesen, das andere habe ich mitgenommen. Dazu noch eine DVD: der Dritte Mann mit Orson Wells und der berühmten Zithermelodie.
Zwei Kurzgeschichten las ich, und in der Nacht sah ich mir den Film an.
Das war für mich ein Flopp. Ich will ja hier auf See sein! Das ist meine Realität, dafür bin ich her gekommen. Ich will jetzt nicht in einem Roman sein oder in einem Film. Das kann ich zu Hause wieder. Ich habe das Buch und die DVD sofort wieder in den Giftschrank zurück gestellt.
Für die Besatzung, glaube ich, ist das anders. Die sind jeweils vier Monate lang von zu Hause weg. Da würde ich mich auch gerne mal ablenken lassen.
Wenn unsere Schiffsbibliothek betrachte, so ist der Chief Mate ein Realist, kein Pessimist.
Ich bin auf Reisen eher ein Optimist. So benutze ich die Aussentreppen, wenn ich die sieben Stockwerke vom Upper Deck in meine Kammer hoch steige. Aussen hat es 14 Stufen weniger als über die Innentreppe. Es gibt zwar auch einen Lift. Doch ich möchte mich ja bewegen.

Turbo Charger


Lieber J.

Als einziger Passagier mit dem Captain, den Chief Mate und dem Chief Engineer am Tisch war es mir noch keine Sekunde langweilig. Heute hatte ich meinen zweiten Maschinenraumtag. Von der Einspritzung und und dem Turbolader wollte ich noch mehr wissen.

Ich bin ja auf einem anderen Schiff gelandet. Mit der Wirtschaftskrise haben die auf Eco-Speed oder auf Super-Slow umgestellt, um Treibstoff zu sparen. Das hat den Fahrplan auf den Kopf gestellt. So fahre ich auf der „Pacific Link“.

Ihre Hyundai – B&W 12K98MC faehrt nur mit der halben Leistung. Das sind immer noch 45'000 PS bei 78 RPM. Wir machen gut 20 Knoten oder 39 km/h mit unseren 8000 20ft Containereinheiten. Die 4 Turbolader sind (leider) von MAN. Aber auch die sind eindruecklich. Ich habe sie mir eben nochmals vom Chief Engineer beschreiben lassen und ein paar weitere Fotos gemacht. Die 5 Hilfsdiesel sind natürlich ebenfalls aufgeladen. Weil es draussen kalt ist, brauchen die Kuehlcontainer fast keinen Strom, so dass 5 Maschinen nur in Bereitschaft stehen.

bei den Turboladern

Jetzt, wo der Sturm nicht mehr braust, kann ich auch an den Bug oder ans Heck gehen und mich dort durchlüften lassen.

Ich koennte noch viel schreiben. Von meiner abenteuerliche Fahrt zum Schiff, vom unglaublichen Betrieb in den Haefen von Qingdao und Shanghai, von der Ruhe und dem Betrieb auf der Bruecke. Ich bin begeistert!

Herzliche Grüsse

Hansjörg Graf A.R (Auf Reise)

PS: Eben habe ich in einem Schifffahrtsheft von eurer Fabrik in Qingdao gelesen. Ich war eine ganze Woche in dieser Stadt. Auf dem Weg zum Containerterminal bin ich an der grossen Werft vorbei gefahren. Dort ist ja auch irgendwo das Turbolader – Werk.

Wale

Pacific Link, 2. Sonntag 13. Mai 2012 Pacifische Briefe

Lieber..

Diesen Tag habe ich zweimal gelebt. Der zweite davon war eine richtige Kreuzfahrt. Um 10 war ich vom Captain an die Bar eingeladen. Bis zum Mittagessen hatten wir es dort zu viert gemütlich.
Als ich am Nachmittag zu meinem Fenster hinaus sah, fuhren langsam Schneebergen an mir vorbei. Durch eine schmale Passage passierten wir die Inselkette der Aleuten zum zweiten Mal, diesmal von Norden her. Es war wie im Engadin, nur war der Talboden mit Wasser ausgefüllt. Immer wieder kamen neue Berge auf neuen Inseln. Einige sahen aus wie der Fujiama, alte Vulkane, und einer von ihnen rauchte sogar. Und dann sah ich eine ganze Herde von Walen. Eigentlich nur ihre Schwanzflossen, Rückenteile und viele Wasserfontänen. Zum Abschluss kam noch ein traumhafter Sonnenuntergang mit Wolken und mit rötlichen Bergen garniert .Erst um 8, als die Sonne untergegangen war und der Wind unangenehm wurde, ging ich hinunter in die Sauna.

Die Aufregung ist vorbei, es wird wieder ruhig. Das nächste sichtbare Land ist LA.
Liebe Grüsse von der Inselkette zwischen Alaska und Sibirien
Hansjörg

Datenblatt Pacific Link

Länge                   334m
Breite                    42.8m
Tonnage               101'662 Tonnen
Tiefgang                ca. 13m
Tiefe Laderaum     24.6m
Baujahr                 2004

Hauptmaschine:  Hyundai MAN B&W 12K98MC
12 Zylinder 2-Takt Diesel
bei 94 Umdr./min   93'360 PS
bei 91 Umdr./min   84'000 PS
Kolbendurchmesser 98 cm
Kolbenhub 285 cm
Wir fuhren nur noch 81 Umdr./min, wegen hohem Treibstoffpreis und niedrigen Frachtpreisen

Ohne Getriebe direkt auf den Propeller übertragen
Start mit Druckluft
Motor läuft vorwärts und rückwärts
Propeller 910 cm m Durchmesser, 106 t Gewicht
Welle 85 cm Durchmesser, 241 t Gewicht

Brennstoff auf See: Schweröl (6% Schwefel), Einspritztemperatur 125 Grad
Brennstoff in Hoheitsgewässer: Dieselöl (0,6 % Schwefel, teurer)
Abgastemperatur: 350 Grad, genutzt für Turbolader und für Dampferzeugung)

Hilfsdiesel für Stromerzeugung:
4 Takt Diesel
2 Stück 9 Zyl. à 2800 kW
3 Stück 7 Zyl. à 2400 kW

Leistung Bugstrahlrotor: 3400 kW 
Heisswassererzeugung: elektrisch
Kühlkontainer am Strom angeschlossen
Trinkwasseraufbereitung aus Seewasser: 30 t/Tag 

Max. Ladung: 7800 6m-Container 

Schweröltanks ca 12'000 to (1 Fahrt USA - China - USA  braucht heute 3500 to)
Dieseltanks
Schmieröltanks
Ballastwassertanks ca. 35'000 t

Besatzung:

Kapitän
1. Offizier
2. Offizier
3. Offizier
Chiefengineer
2. Engineer
3. Engineer
2 Bordelektriker
2 Bordmechaniker
Bosom (Chefmatrose)
4 Matrosen
Wiper (Cheföler)
3 Oeler
Koch
Steward

2 Rettungsboote
4 Rettungsinseln






Maschinenraum

Pacifische Blogs

E/R steht auf einer kleinen Tuere (Engine Room)

Seit einer Woche hoere und spuere ich überall das leise Stampfen, 78 mal in der Minute. Im Bett, im Lift, in den Gaengen, beim Essen, sogar in der Sauna. Ich habe mich laengst daran gewöhnt, nur kann ich meinen Puls fast nicht mehr fühlen.
Gestern hat mir der Chief Engineer beim Morgenessen Ohrenstoepsel ueberreicht. Um 9Uhr soll ich auf dem UPP (upper deck) auf ihn warten. Ich wollte schon lange den Maschinenraum ansehen.
Da kam er aus der kleinsten Tuere heraus, der mit den Verbotszeichen und den Gehoerschoneren. Ich war gespannt. Zuerst gingen wir in einen Raum mit Gestellen und allerlei Ersatzteilen, und dann in eine Werkstaette mit Drehbank und Bohrmaschine. Beide Raeume waren nicht sehr eindruecklich.
Im Leitstand wurde es schon besser: Ein PC und unzählige Anzeigen, Knoepfe, Schalter (die ich alle nicht bedienen durfte) und Elektroschraenke. Dahinter zwei Elektrozentralen mit 6800V, 400V, 220V, 24V, 12V Systemen. Aber auch nicht das, was ich suchte.
Endlich kamen wir in eine Halle, etwa 20m x 40m x 20m, mit Treppen, Boeden und Zwischenpodesten. Von da her kam das Stampfen. Von jetzt ankam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Zuerst waren da die 5 Hilfsmotoren mit Generatoren, alle schon beeindruckend gross.
Dann gingen wir hinüber, wo 12 meterhohe Kolbenkoepfe mit Einspritzduesen in einer Reihe stehen. Treibstoffpumpen, Leitungen, ungeheuer grosse Schrauben und Muttern. Auf dem Weg hinunter ins naechste Stockwerk kommen wir an den Ersatzzylinderbuechsen vorbei, 3,5m hoch, und an einem Ersatzkolben, an dem man Mittag essen koennte.
Das Kurbelgehaeuse ist zwei Stockwerke hoch, die Schauglaeser zur Nockenwelle haben Fenstergroesse. Weiter unten ist an einem gewaltigen Schwungrad die Antriebswelle befestigt. Sie ist direkt mit der Kurbelwelle verbunden und dreht sich auf unserer Fahrt in der Minute 78 mal. Die Welle zum Propeller ist 48 m lang und wiegt 240 to. Der Schiffspropeller hat 910 cm Durchmesser und wiegt 106 to. Alles ist gross. 
ich bei den Zylinderköpfen
 
Die maximale Leistung an der Welle beträgt 94'000 PS, wir fahren aber nur "ECO speed", mit etwa der halben Leistung, 21 Knoten oder 39 km/h.
Die Dimensionen erschlagen mich. Der Luftansaug mit dem Turbolader ist so gross wie ein halbes Einfamilienhaus, der Auspuff mit dem eingebauten Dampferzeuger ist noch groesser. Die Triebstoffaufbereitung hat Heizungen, Filter, Separatoren, Pumpen. Kaltes Schweroel ist fast wie Asphalt, es muss schliesslich auf 125 Grad erhitzt werden.
Durch ein 80cm Rohr wird am Boden der Pacific Link Kuehlwasser angesaugt, für die Motorenkuehlwasserkuehlung. Dank zweistufiger Kuehlung werden die Temperaturspannungen in der Maschine nicht zu hoch.
Ein Verdampfer erzeugt 35 to Trinkwasser im Tag. Das Abwasser wird in einer mechanisch – biologischen Anlage gereinigt, der Kehricht wird in einem Spezialofen verbrannt. Der Dampferzeuger waermt alles, ausser dem Heisswasser.
Ueberall stehen weitere Maschinen, Pumpen, Filter, Heizungen, Ventilatoren und führen Leitungen herum.
Vorne im Bug ist ein elektrisches Bugstrahlruder (3400kW), das beim Manoevrieren im Hafen mithilft. Hinten bewegen zwei Hydraulikanlagen das Steuerruder. Der ganze Betrieb wird von nur 7 Leuten gefuehrt und unterhalten, 24 Stunden im Tag und 7 Tage die Woche.
Ob ich noch weiter Fragen habe? Ja, aber später. Dann kommen wir wieder durch die kleine Türe zurück in die Normalwelt, gerade recht zum Znuenikafi im Schiffsbuero. Ich bin zuerst einmal sprachlos.

Schiffsküche


Pazifische Briefe Hoch oben im Norden, bei den Aleuten

Lieber F.

in 7 Stunden verlassen wir im Norden den Pacifischen Ozean und fahren ins Bering-Meer ein. Die See ist wieder freundlicher geworden, ich konnte ums ganze Schiff herum spazieren, ohne Angst, ins Meer geblasen zu werden.
Heute habe ich den Chief Cook besucht. Er kommt, wie unsere Matrosen, von den Philippinen. Ich esse immer gerne was er kocht. Es ist halb deutsch, halb amerikanisch und halb exotisch. Er verwendet die englische Ausgabe des Dr. Oetker Kochbuchs.
Als ich fragte, ob ich fotografieren duerfe, begann er mitten im Kochen aufzuraeumen. Er will Ordnung beim Essen und auf den Fotos. Heute gab es Eintopf zum Zmittag: Bouillon, Kartoffeln, Gemuese, viel Fleisch, Linsen, Zwiebeln. Ziemlich dick und gerade recht fuer hier fast am Nordpol. Ich schneide einmal Zwiebeln auf dem Foto, einmal bin ich mit Mr. Collado auf dem Bild, und einmal zu dritt mit noch dem Steward.
Die Kueche ist gut eingerichtet. Sechs Herdplatten, Kipp-Bratpfanne, Friteuse, Kipp- Suppentopf, grosses Teigruehrwerk. Fur die 23 Besatzungsmitglieder hat er eine Riesenkueche. Heute gab es ein grosses Beef Tartare zum Morgenessen, neben einem kleinen Buffet mit Fleisch und Kaese. Wahrscheinlich nehme ich auf dieser Nordmeerfahrt eher zu als ab.
Der Kuechenchef moechte, wenn er genuegend Geld gespart hat, ein kleines Haus mit etwas Pflanzland kaufen, mit einer guten Kueche, und daneben eine Arbeit an Land annehmen. Die Philippinos sind jeweils 6 Monate lang auf See und kehren erst dann zu ihren Familien zurück. Ihr Arbeitsvertrag laeuft dann aus, und sie muessen sich bei der Reederei wieder neu bewerben. Ich haette Zeit, in der Kueche ein wenig mit zu helfen, aber dem Passagier ist jede Arbeite am Schiff verboten (Versicherung).
So habe ich am Morgen meine Notizen von der Maschinenraumbesichtigung ergaenzt und dann mit dem Chief Engineer durchgesehen. Jetzt komme ich schon fast draus. Dann kam der ausfuehrliche Aussenrundgang, wo ich mir alles genau angesehen habe. Dann die Sauna, und dann die Waesche machen. Zwischendurch habe ich auch noch Ferien.
Wir kommen uebermorgen an den noerdlichsten Punkt unserer Fahrt, dann geht es gegen Alaska, Canada, Washington, Oregon und nach LA. Morgen und uebermorgen ist zweimal Sonntag, der 13. Mai. Wir gewinnen an der Datumsgrenze einen Tag dazu. Und in einer Woche gehe ich dann wieder an Land. Ich werde die Seeleute vermissen.
Liebe Gruesse von der „Pacific Link“ (100'000t, 7000 Container)

Hansjoerg A.R.A.S (auf Reise auf See)

Wie die Zeit vergeht

Freitag, den 11. Mai, auf der „Pacific Link“, vor den Kurileninseln (Sibirien)

Auf dem Boot hier oben im Norden ist die Zeit relativ. Die Längengrade verlaufen hier eng, fast jeden Tag muss ich die Uhr um Mitternacht um eine Stunde vorstellen. Ich mache das aber schon am Abend, damit ich genuegend Schlaf bekomme.

Heute ist Freitag der 11. Mai. uebermorgen ist folglich Sonntag der 13. Mai, Muttertag. Dieser Tag hat auch bei uns 24 Stunden.
Aber jetzt aufgepasst. Weil wir die Datumsgrenze ueberfahren, ist der darauf folgende Tag ist nochmals ein Sonntag der 13. Mai. Dieser zweite Muttertag dauert aber nur wieder 23 Stunden.

Also:
Heute 23 Stunden lang Freitag, der 11. Mai
Morgen 23 Stunden lang Samstag, der 12. Mai
Uebermorgen 24 Stunden lang Sonntag, der 13. Mai, 1. Muttertag
Am folgenden Tag 23 Stunden lang Sonntag, der 13. Mai, 2. Muttertag

Dann geht es wieder fast normal weiter. Bis in California die Sommerzeit kommt. Noch eine Frage zur Zeit?

Herzlich

Hansjoerg A.R.A.S (auf Reise auf See)

Pacifische Briefe

Lieber ...

Ich bin hier, auf dem Weg ins Beringmeer, in einer positiv nachdenklichen Phase, und ich versuche, nicht zu viel zu unternehmen. Ich lese das Maritime Handbüchlein, die Weisheitsgeschichten von De Mello und das Happyness Project von Gretchen Rubin. Mehr habe ich nicht dabei, und das genügt. Ich habe ja noch die Kommandobrücke, die Sauna, die Besatzung und die Aussendecks auf neun Stockwerken.

Mit dem welligen Meer vor mir entwerfe ich an meinem schönen Schreibtisch "Pacifische Briefe", die ich später vom Schiffsbüro aus zum Satelliten sende. Ins "Pacifischen Tagebuch" schreibe ich meine Pacifischen Gedanken und Ideen. Die Ruhe tut mir gut nach der Eurasischen Entdeckungsreise voll von Wundern.

Lieber ..., ich wünsche dir einen weiten Blick, Kraft wo es sie braucht und Ruhe, wo es möglich ist. Pass gut auf dich auf.

Hansjörg

Pacifische Briefe

10.05.2012

Hoi F.

Wir fahren gerade den Kurilen entlang gegen Kamtschaka und morgen oder übermorgen zwischen den Aleuten durch ins Beringmeer hinauf. Und ich hatte gehofft, auf meiner Seereise Hawaï zu sehen. Was auf der Landkarte gerade erscheint ist auf der Kugel ein Bogen und umgekehrt. Jetzt weiss ich es, der kürzeste Weg von Schanghai nach Los Angeles führt tatsächlich über Alaska. Ich lerne vieles oben im Steuerhaus und im Kartenhaus.
Ich bin sehr frei auf diesem Schiff. Heute sass ich auf der Brücke hinter den grossen Radarschirmen im bequemen Steuerstuhl und habe mit dem wachthabenden Ersten Offizier geplaudert. Später habe ich unten irgendwo den Abfallraum entdeckt, wo ein grosser Verbrennungsofen heult. An den Wänden hängen Tafeln, wo man noch was über Bord werfen darf.

Auf den Aussentreppen und den Plattformen bin ich vorsichtig geworden, der Sturm kann mich wegdrücken. Am ersten Tag bin ich noch frech auf den Bug geklettert und habe auf den grossen Knollen unten im Wasser hinab geschaut. Jetzt hat es nur noch +1 Grad, morgen schneit es vielleicht schon. Zum Glück habe ich wegen Moskau warme Sachen eingepackt.

Ich spanne aus, meditiere, denke nach, schreibe in mein Pazifisches Tagebuch und schreibe Pazifische Briefe. In meinem Gepäck habe ich nur zwei kleine Bücher, eines mit der täglichen Weisheitsgeschichte, und das "Happyness Projekt". Mein Eurasisches Tagebuch ist voll geschrieben, das Pazifische ist unstrukturiert: mit Ideen, Einsichten, Arbeitsplänen (zB heute Abend Sauna), Fragen, Lebensplänen.

Jetzt kommt es mir wieder in den Sinn: wir fahren ja so weit ins Beringmeer hinauf, weil wir dem schweren Sturm im Nordpacific ausweichen. Auf der Plattform vor meinem Fenster heult der Sturm wie um eine alten SAC Hütte. Ich habe hier aber eine wunderbare Heizung. Von den Scheiben tropft das Kondenswasser wie wenn Fritz auf Frosen Spaghetti macht.

Morgen zeigt mir mein Tischnachbar, der erste Engineer, den Maschinenraum mit dem Zwölfzylindermotor, der 95'000 PS leisten kann. Da habe ich aber lange drauf warten müssen. Ich habe jetzt schon 1000 Fragen. Ob man in diesem Lärm überhaupt sprechen kann? Man spricht jetzt nicht mehr Chinesisch, dafür Norddeutsch und Seemannsenglisch. Auch eine Containerseefahrt ist voller Überraschungen.

Ich will einmal mit geschlossenen Augen einfach nur Hören anstatt Aufpassen und Verstehen. Dafür ist diese Nacht nun wie geschaffen. Bei euch ist es ja noch früh. Hier wird uns jede Nacht eine Stunde abgezwackt. Dafür ist es an der Datumsgrenze dann zweimal hinter einander Sonntag, den 13.Mai, Muttertag. Mir wird hier etwas geboten.

Liebe Grüsse aus der tosenden Dunkelheit in der Nähe der Russischen Kurileninseln

Hansjörg, A.R.A.S